Beispiel für den Vergleich zwischen theoretischen Berechnungen und quantitativen Messungen

 

Klicken zum Vergrößern Als Beispiel sei hier der Vergleich unserer gemessenen absoluten Photoionisationswahrscheinlichkeiten des 4s-Elektrons in Krypton als Funktion der Anregungsenergie mit einer Entwicklung der theoretischen Modelle dargestellt.

Die einfachste Art Photoionisationswahrscheinlichkeiten zu berechnen geschieht im Rahmen der Hartree-Fock Theorie. Diese Theorie ist eine "Einelektronentheorie", bei der die Korrelationen zwischen Elektronen über ein effektives Potential berücksichtigt werden, indem sich die Elektronen aber völlig unabhängig voneinander bewegen.
In nebenstehender Abbildung ist das Ergebnis einer solchen Berechnung (D.J.Kennedy, S.T.Manson Phys, Rev. A 5, 227 (1972)) mit den ge-messenen Photoionisationswahrscheinlichkeiten als Funktion der An-regungsenergie dargestellt. Wie man sieht ist die Übereinstimmung alles andere als gut, insbesondere ist in der berechneten Kurve kein Minimum zu sehen. Es kann also geschlossen werden, daß Vielelektroneneffekte einen wesentlichen Einfluß auf die Photoionisationswahrscheinlichkeiten der Kr 4s-Elektronen haben.

 

Klicken zum Vergrößern Dieses Modell wurde dann weiterentwickelt (Amusia et al. Zh. Eksp.Teor. Fiz. 66,1537 (1974), Huang et al. At.Data Nucl.Data Tables 26, 33 (1981)), indem gleichzeitige Anregungen weiterer Elektronen während des Photoionisationsprozesses berücksichtigt werden. Diese angeregten Elektronen wechselwirken mit den auseinanderlaufenden 4s-Elektronen und beeinflussen somit die Photoionisationswahrscheinlichkeit des 4s-Elektrons.

Die Berechnungen mit diesem Modell (RPAE und RRPA sind die wissenschaftlichen Bezeichnungen für diese Art Modelle) sind in neben-stehender Abbildung dargestellt.
Es ist klar zu erkennen, daß die berechneten Wahrscheinlichkeiten nun viel besser mit den gemessenen übereinstimmen, vor allem ist das Maximum bei kleinen Energien und ein Minimum deutlich zu erkennen.
Werden die berechneten Werte genauer untersucht, so stellt sich heraus, daß die hohe Photoionisationswahrscheinlichkeit bei niedrigen Energien allein durch Vielelektronenwechselwirkungen hervorgerufen wird. Diese haben also hier gegenüber der "normalen" Einteilchenphotoionisation einen dominanten Einfluß, sind also viel stärker. Werden nun die berechneten absoluten Werte genauer mit den gemessenen verglichen, so überschätzen die Berechnungen bei niedrigen und hohen Energien die Photo-ionisationswahrscheinlichkeiten und das Minimum liegt bei zu hohen Energien. Dies bedeutet, daß dieses Modell immer noch nicht die Wechsel-wirkungen der Elektronen untereinander ausreichend genau beschreibt.

 

Klicken zum Vergrößern Eine weitere Verfeinerung des Modells ist die Berücksichtigung der Tatsache, daß bei den Berechnungen immer "Modellfunktionen" zur Beschreibung der Elektronen benutzt werden müssen und diese natürlich nicht ganz genau der Natur entsprechen. Deshalb werden die Modellfunktionen gemischt, so daß sie eher den Aufenthaltswahrscheinlich-keiten der Elektronen entsprechen. Werden also diese sogenannten Kon-figurationsmischungen im obigen Modell berücksichtigt, so ergibt sich nebenstehendes Bild

 

Klicken zum Vergrößern Man erkennt, daß nun bei hohen Energien die Übereinstimmung schon ziemlich gut ist, daß aber bei niedrigen Energien die Übereinstimmung eher schlechter geworden ist. Woran kann das nun noch liegen?
Zur Erklärung dieser Abweichung muß wiederum auf die Modellfunktionen für die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten der Elektronen im Atom zurück-gegangen werden. Sie werden in allen Modellen zunächst immer noch als Hartree-Fock Wellenfunktionen berechnet.
Diese Wellenfunktionen betrachten das Elektron als einzelnes Teilchen, das sich in einem mittleren Potential (verursacht durch die Kernanziehung und die mittlere Abstoßung durch alle anderen Elektronen) bewegt. Aber in diesem Potential kann sich dieses Elektron ganz frei bewegen.
Wird nun mit solcherart Wellenfunktionen die elektrische Abstoßung einzelner Elektronen berechnet kommt es zu folgendem Fehler: Da jedes Elektron sich frei bewegen kann (im Modell) können sich Elektronen auch beliebig nahe kommen. Sind sie sehr nahe wird die Abstoßung zwischen den beiden sehr groß. In Wirklichkeit werden sich die Elektronen gerade aufgrund ihrer elektrischen Abstoßung nicht sehr nahe kommen können, was die mittlere Wechselwirkung zwischen zwei Elektronen geringer werden läßt, als durch das Modell mit Hartree-Fock Wellenfunktionen vorhergesagt. Es wurde deshalb ein Abschwächungsfaktor für die mittlere elektrische Abstoßung eingeführt. Durch diese Abschwächung erhält man das nebenstehende Bild, das schon ziemlich gut die Meßergebnisse beschreibt.
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