Fortgeschrittenenpraktikum

Ziele des Fortgeschrittenenpraktikums

Die Studierenden sollen anspruchsvolle Experimente aus verschiedenen Bereichen der Physik selbst durchführen und dabei

- die experimentelle Umsetzung der physikalischen Fragestellung mit den gegebenen Mitteln zielgerichtet und zeiteffizient erarbeiten

- physikalische Messmethoden kennen lernen

- den Umgang mit modernen Messgeräten üben

- komplexe Geräte selbstständig beherrschen

- Probleme, Fehler und experimentelle Schwierigkeiten zu erkennen und zu beseitigen

- experimentelle Ergebnisse zu bewerten und kritisch zu interpretieren;

- den Umgang mit Lehrbüchern und Originalliteratur zur Aufbereitung und Einordnung der Ergebnisse zu üben.

Der Schwerpunkt des Praktikums liegt eindeutig auf dem Experiment. Die sinnvolle Durchführung eines Experiments erfordert aber auch ein gründliches Verständnis der dem Experiment zugrunde liegenden physikalischen Theorie.

Das Praktikum wird von einem Seminar begleitet, in dem die Studenten über ein abgeschlossenes Experiment sprechen. Dabei wird die Technik des Kurzvortrags (Dauer 20 min) geübt, die auch für das spätere Berufsleben wichtig ist. Die sich an jeden Vortrag anschließende Diskussion soll die Teilnehmer auch auf entsprechende berufliche Situationen (Konferenzen, Unterricht, Vorstellungsgespräche, etc.) vorbereiten.





Allgemeine Hinweise

1. Betreuer:

Jedem Versuch ist ein Betreuer zugeordnet, dessen Hauptaufgabe es ist, Ihnen beim Erreichen der oben genannten Ziel behilflich zu sein. Sie sollten daher aus eigener Initiative das Gespräch mit dem Betreuer suchen.

2. Vorkenntnisse:

Die Inhalte von Experimentalphysik I-IV und den Anfängerpraktika, Atomphysik und Festkörperphysik werden vorausgesetzt. Im Diplomstudiengang muss mindestens die Prüfung zur Experimentalphysik abgelegt sein.

3. Zeiteinteilung:

Im FP I wird für jeden Versuch eine Woche angesetzt. Als Richtlinie für eine sinnvolle Zeiteinteilung kann folgendes Schema dienen:

1. Tag: Inbetriebnahme der Apparatur. Einzelgeräte kennenlernen, ihre Funk­tions­fähigkeit prüfen. Gespräche mit dem Betreuer und eventuellen Vorgängern sind unbedingt erforderlich.

2. - 4. Tag: Kernzeit für die Versuchsdurchführung, ein­schließ­lich Auswertung der Ergebnisse und parallel dazu Vertiefen der Theorie.

5. Tag: Abschluss des Versuchs: eventuelle Korrekturmessungen, Abschluss der Auswertung und Fehlerbetrachtung, kritische Diskussion des Experiments.

Bei der Zeiteinteilung sind die Eigenheiten des jeweiligen Versuchs (z.B. Aufwärmzeiten, Abpumpzeiten…) sowie die Seminarzeiten und Öffnungszeiten des Praktikums zu berücksichtigen.

4. Öffnungszeiten:

Das FP ist aus Sicherheitsgründen nur von Montag bis Freitag, 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr geöffnet. Darüber hinaus kann nur in begründeten Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem Betreuer und grundsätzlich in einem Team aus min. 2 Personen experimentiert werden. Schlüssel sind beim Techniker des FPs erhältlich.

 

5. Versuchsanleitungen:

Die Versuchsanleitungen enthalten in der Regel eine feste Aufgabenstellung. Es wird jedoch auch Eigeninitiative erwartet, die auf eventuelle Erweiterungen oder Umgestaltung der Aufgabenstellung, auf apparative Veränderungen u.ä.  hinzielen. Bevor Sie dieses jedoch tun, besprechen Sie Ihr Vorhaben mit dem Betreuer.

Die Gebrauchsanleitungen der Geräte sind auf jeden Fall vor der Inbetriebnahme gründlich zu lesen. Stets gilt: Vor dem Experimentieren über die Konsequenzen nachdenken. Durch Berücksichtigung dieser elementaren Regel lassen sich oft erhebliche Schäden vermeiden. Sind dennoch Schäden eingetreten oder werden Defekte erkannt, so teilen Sie dies unverzüglich dem Betreuer mit, damit Abhilfe geschaffen werden kann.

 

Versuchsanleitungen können über das Praktikum ausgeliehen werden. Gängige Lehrbücher und Monographien stehen im Handapparat zur Verfügung und können gegen Leihschein beim FP-Techniker ausgeliehen werden. Da die Anzahl der Bücher begrenzt ist, wird mit Rücksicht auf Ihre Nachfolger um pünktliche Rückgabe gebeten.

 

6. Sicherheitsregeln:

Beachten Sie aus Ihrem eigenen Interesse die einschlägigen Sicherheitsvorschriften unter der Rubrik Sicherheit oder am Sicherheitshinweisbrett am Eingang zum FP im 3. OG !

Sprechen Sie mit den Betreuern über mögliche Gefahrenquellen. Im Zweifelsfall lassen Sie sich beraten, worin die Gefahr besteht und wie Sie vermieden werden kann.

 

7. Handschriftliche Ausarbeitung: Das Praktikumsheft:

Das Protokoll soll verständlich und vollständig sein. Es soll bei späterer Diskussion eine genaue Rekonstruktion Ihrer Versuchsbedingungen ermöglichen. Alle Eintragungen sind mit Datum zu versehen und sollten handschriftlich erfolgen.

Benutzen Sie möglichst feste, karierte Hefte im DIN A4-Format. Seitenzahlen erleichtern Rückverweise. Fliegende Blätter werden nicht akzeptiert.

 

Eine übliche Gliederung ist die folgende:

Einleitung mit Aufgabenstellung und Einordnung das physikalische Thema 

Theorieteil (max. 6 Seiten) mit der für das Experiment erforderlichen Theorie und Formeln für die Auswertung.

Versuchsprotokoll mit handschriftlicher Datenerfassung. Werden Daten direkt mittels eines Rechners erfasst, müssen die Dateinamen mit Datum und Uhrzeit der Aufzeichnung im Protokoll vermerkt werden. Sinnvoll erweist sich im Allgemeinen auch eine Versuchsskizze mit allen erforderlichen Abständen und Bezeichnungen. Eine Auswertung der Messdaten sollte sofort erfolgen, um mögliche systematische Fehler direkt zu erkennen. Notieren Sie sorgfälltig Dimensionen, Gerätetyp und Art der Messwerterfassung. Wichtiger Bestandteil jeder Messung ist eine sinnvolle Fehlerdiskussion, d.h. Fehlerabschätzung nach Erfahrung und Angabe auf dem Messgerät.

Auswertung der Endergebnisse mit Diskussion, Einordnung und Vergleich mit den Erwartungen (ggf. Literaturvergleiche).

 

Nochmals:

Versuchsprotokolle sind prinzipiell handschriftlich und in einem gebundenen DINA4-Heft zu erstellen!

Das gilt sowohl für den Theorieteil als auch für die Originaldaten und die Auswertung.

Ausgenommen sind nur

·                („unverzichtbare“) Abbildungen aus Lehrbüchern im Theorieteil, welche mit Quellenangaben zu versehen sind,

·                computererstellte Tabellen und Grafiken bei den Originaldaten und der Auswertung.

In solchen Fällen müssen diese Kopien bzw. Computer-Ausdrucke ins Heft eingeklebt werden, umfangreiche Computer-Ausdrucke mit Messdaten, die nicht alle im Protokollheft dokumentiert werden können sollen als Anhang in einem DINA4-Schnellhefter beigelegt werden. Achten Sie aber auch hier auf eine nachvollziehbare, chronologische Beschriftung.

 

8. Sicherungs guter wissenschaftlicher Praxis:

Daten und Auswertungen ohne Quellenangabe werden als selbst gemessen bzw. erstellt betrachtet.

Die Verwendung fremder Daten bzw. Auswertungen ohne Quellenangabe wird als Täuschungsversuch gewertet!

·                In solchen Fällen wird der Versuch als ungültig bewertet und muss durch einen zusätzlichen Versuch (möglichst aus dem gleichen Themenkreis) ersetzt werden.

·                Dieser, ggf. nach Ende der allgemeinen Praktikumszeit durchzuführende Ersatzversuch muss erfolgreich abge­schlossen werden, bleibt aber ohne Punktewertung. Falls infolge dieser fehlenden Wertung das Gesamtziel (mindestens 50% der maximalen Punktzahl) nicht erreicht wird, gilt das Praktikum als nicht bestanden!

9. Seminar:

Ein zukünftiger Physiker muss in der Lage sein, die Materie, die er mit viel Mühe, Zeitaufwand und geistiger Anstrengung gelernt, verstanden und interpretiert hat, einem physikalisch gebildeten, aber nicht spezialisierten Publikum in kurzer, verständlicher, aber dennoch wissenschaftlich exakter Form nachzubringen. Eine erste Einübung in diese Kunst soll das dem FP angegliederte Seminar vermitteln.

Als Zuhörer muss der Physiker lernen, durch die Fragen den Vortragenden zur Klärung noch offener Probleme zu veranlassen. Die Diskussion kann wesentlich zum Verständnis der Materie beitragen, und jeder Vortragenden sollte eine lebhafte Diskussion über seinen Vortrag begrüßen. Betreuer und Praktikumsleiter werden versuchen eine solche Diskussion entstehen zu lassen. Die gestellten Fragen werden dabei nicht zum Nachteil des Vortragenden ausgelegt werden.

Das Thema des jeweiligen Seminarvortrages ergibt sich aus Ihrem ersten FP-Versuch. Es sollen die Hintergründe, Methoden und Ergebnisse dieses Versuchs bzw. sinnvolle Teilgebiete davon präsentiert werden.

Richten Sie den Vortrag an ihre Mitstudierenden, die den speziellen Versuch (noch) nicht gemacht habe. Die Vortragsdauer sollte 20 min betragen. Der Vortrag sollte weder zu elementar sein noch über die Köpfe der Zuhörenden hinweggehen. Eine Einführung wie Sie einen guten Vortrag halten sollten wird Ihnen zu Beginn des Praktikums gegeben.

Nach einer oben genannten fachlichen Diskussion wird auch über die äußere Form und Art der Präsentation diskutiert. Nutzen Sie diese Diskussion, um zu lernen welche didaktischen Mittel gut angekommen sind und welche Sie verbessern sollten.  

Der Vortrag wird für Ihre eigene Leistungseinschätzung bewertet, diese Bewertung geht aber nur marginal in die Endnote des FPs ein.

 

10. Benotung :

Die Betreuer bewerten die Leistung in Theorie, Experiment und Protokoll. Jeder Teilnehmer einer Versuchsgruppe wird möglichst individuell bewertet. Die Bewertung des Protokolls trifft nur den Federführenden.

Es werden ganzzahlige Bewertungsziffern von 0 (sehr schwach) bis 15 (ausgezeichnet) verwendet. Um sehr gute/ausgezeichnete Bewertungen zu erhalten muss i.d.R. mehr als das geforderte Versuchsprogramm erbracht werden. Im Einzelnen werden bewertet:

Theorie:                    Beurteilung des theoretischen Vor- und Allgemeinwissens, wie es in Diskus­sionen am Versuch und in der Rücksprache zum Ausdruck kommt. Das Pro­tokoll sollte hier – wenn überhaupt – nur geringfügig berücksichtigt werden. Wenn die Praktikanten den Versuch so schlecht vorbereitet antreten, dass eine sinnvolle Durchführung des Experiments unmöglich er­scheint, soll ihnen (mit entsprechendem Punkteabzug) ein zusätzlicher Tag für die Vor­bereitung auferlegt werden.

Experiment:            Geschick bei der Durchführung des Experiments; Ideenreichtum, Flexi­bilität, Aktivität am Versuch etc., Qualität der Messergebnisse (Einbe­ziehung der Messdaten im Protokoll). Sind die Messergebnisse unbrauch­bar, ohne dass hierfür ein nachvollziehbarer Grund besteht, oder wur­den sie offensichtlich gefälscht, so kann der Versuch nicht gewertet werden.

Protokoll:                 Beurteilung vor allem der kritischen Auswertung und Diskussion der Mess­daten. Der Theorieteil wird nur einbezogen, falls grobe Fehler auftreten. Die Bewertungsziffer wird bei dem Teilnehmer eingetragen, der das Protokoll federführend erstellt hat. Grobe Fehler im Protokoll, insbesondere in der Auswertung der Mess­daten, müssen korrigiert werden und werden ebenso wie eine ver­spätete Abgabe des Protokolls mit ent­sprechen­dem Punkteabzug belegen.

Ausschluss:              Beträgt der Durchschnitt aus den Bewertungsziffern für Theorie, Experiment und Protokoll (letzteres nur beim Federführenden) für einen Versuch weniger als 4 Punkte, so kann der Versuch (für den betreffenden Praktikanten) nicht gewertet werden.

Beträgt die Summe aller Bewertungsziffern aller Versuche weniger als die Hälfte der maximal erreichbaren Punktzahl oder wurde ein Versuch nicht gewertet, so gilt das Praktikum – in der Regel – als nicht-bestanden. Bei der abschließenden Notenbesprechung aller Betreuer wird aus der Summe aller Bewertungsziffern die Note des Praktikumsscheins gebildet. Die Bewertung des Seminars, spielt hier lediglich das Zünglein an der Waage. Ein sehr guter Seminarvortrag kann eine Note an der Notengrenze aufwerten.

 

H. Hotop  Feb. 2005

überarbeitet C. Döring  Feb. 2018

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